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THEMA: AZ-Artikel: Wetter und Gefahren am Berg

AZ-Artikel: Wetter und Gefahren am Berg 23 Nov 2013 09:36 #1

  • kletterkiki
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"Wetter auf Tour
Berg-Gefahren erkennen und vermeiden lernen

Die Beobachtung des Wetters gehört zu jeder Ski- oder Wandertour dazu – im Gebirge können sich schnell Gefahren entwickeln. Die besten Tipps

AZ: Herr Gabl, wem vertraue ich in Sachen Wetter: Nachrichten, Internet, Bauernregeln?

KARL GABL: Gleich eines vorneweg: Bitte nicht auf die Bauernregeln hören. Glauben Sie mir, sie funktionieren nicht. Verlässliche Informationen bekommt man nur von modernen Diensten. Nationale wie private Wetterdienste liefern die richtigen Daten, bieten Wetterkarten, fantastische Radar- und Satellitenbilder, die man im Zeitraffer verfolgen kann und vieles mehr.

Gibt es Internetseiten, die Sie empfehlen können?

Es gibt so viele gute, dass ich mich selbst bei der Recherche für mein Buch irgendwann stoppen musste. Man kann sich hier richtig verlieren - und dann schafft man es nicht mehr auf Tour... Ich kann nur jedem raten, sich einmal zwei Stunden Zeit zu nehmen, um das richtige Portal für sich zu finden. Ist ja auch Geschmackssache. Zu empfehlen sind generell regionale Berichte, je nach Tour den nächstgelegenen Wetterdienst.

Wie viele Tage vorher sollte man den Wetterbericht einholen?

Wenn man drei, vier Tage vorher zu planen beginnt, kann man mit einer recht zuverlässigen Prognose arbeiten. Von Tag zu Tag wird es dann natürlich akkurater.

Die Eigenbeobachtung spielt aber ebenfalls eine wichtige Rolle.

Natürlich sollte man niemals ‚blind' für die Wetterentwicklung sein. Ohne Eigenbeobachtung funktioniert es nicht, aber als Basis muss immer die Prognose dienen. Ein Auge auf den Wetterbericht, ein Auge gen Himmel.

Und wie erkenne ich Wetterentwicklungen?

Man hat die Vorhersage im Kopf und sollte dementsprechend feinfühlig sein. Eine nahende Kaltfront beispielsweise kündigt sich oft durch auftürmende Cumuluswolken und einen stärker werdenden Südwestwind an. Und man sollte nicht nur vorausschauen - im Rücken entwickelt sich das Wetter auch...

Welche Hilfsmittel kann ich auf der Tour einsetzen?

Es gibt hervorragende Apps, die die Radardaten auf das Smartphone liefern. So sehe ich, wo die Front sich gerade befindet. Interessant sind auch Blitzortungssysteme. Es empfiehlt sich zudem, mit einem Höhenmesser unterwegs zu sein, denn dann hat man den Druckverlauf immer im Blick. Große Schwankungen sind ein Zeichen für Wetteränderung. Ein Regel besagt: Der Luftdruck steigt, der Regen fällt.

Wie passe ich meine Tour dem Wetter an? Oder soll ich besser zu Hause bleiben, wenn es wechselhaft wird?

Natürlich kann man raus, aber man sollte eine Wetterstrategie parat haben und defensiver unterwegs sein. Man wählt eine kürzere Strecke, plant Zeitreserven, Umkehrmöglichkeiten und eine Hütte auf dem Weg ein. Natürlich hat man die entsprechende Ausrüstung dabei: Bekleidung, Stirnlampe, Notbiwak etc.

Was tun, wenn ich von einem Gewitter überrascht werde?

Der Optimalfall wäre natürlich, dass man es rechtzeitig bemerkt. Bei Gewitterwarnung unternehme ich eben eine kürzere Tour vormittags, denn das Risiko steigt im Laufe des Tages. Ansonsten sollte man weg von exponierten Stellen, vom Grat oder Gipfel, von Metallzäunen, Klettersteig, Seilbahnstützen, aber auch von Bäumen und Holzhütten.

Sie haben die großen Alpinisten auf die höchsten Gipfel geführt. Ende 2011 sind Sie dann in den Ruhestand gegangen. Ist der Kontakt zu den Athleten geblieben?

Natürlich, mit vielen bin ich eng befreundet. Ich habe so viele Extremsituationen mit ihnen durchgestanden. Gerlinde Kaltenbrunner, David Lama, die Huberbuam. Mit Simone Moro habe ich gerade telefoniert. Ines Papert betreue ich aktuell bei ihrem Projekt in Nepal. Die Bedingungen sind schwierig. Sie ist ja bei -20° C und heftigem Sturm unterwegs.

Gleichzeitig haben Sie zahlreiche Freunde durch die zerstörerische Gewalt des Wetters bzw. der Natur verloren. Wie geht man damit um?

Artur Hajzer war öfter bei mir zu Besuch - am 7. Juli kam er am Gasherbrum I ums Leben... Meine Motivation war immer, den sinnlosen Tod am Berg durch Wettereinflüsse zu verhindern und die Sicherheit zu verbessern. Ich wollte in meinem Leben etwas bewegen. Auch wenn sich die negativen Erlebnisse nicht ausblenden lassen, kann ich zurückblickend doch sagen, dass sich tatsächlich viel bewegt hat."
Quelle: www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.wett...9b-218c94eacae9.html
"Ich wurde oft falsch verstanden. Häufig unternahm ich Dinge, die für andere eine Provokation waren."
Walter Bonatti (1930-2011)
Letzte Änderung: 23 Nov 2013 09:37 von kletterkiki.
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