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THEMA: Tourenbericht zu Komarsteig und Kanjavec-Bänderweg

Tourenbericht zu Komarsteig und Kanjavec-Bänderweg 20 Sep 2013 20:18 #1

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Es war 7 Uhr in der Früh und ich linste unter meinen Lidern hervor. Die Karawanken waren wolkenverhangen, doch zwischendurch war ein Stück blauen Himmels zu sehen. Was jetzt? Zurück ins Bett oder raus an den Berg? Bin ich ein Innerschwyzer oder ein Schönwetter-Bergsteiger?

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Ein Frühstück und zwei Passüberquerungen später buckelte ich in Trenta meinen Rucksack, dieses Mal enorm schwer, da die Steigeisen, ein 30 m-Seil und andere Sicherungsmittel eingepackt waren. Am Kanjavec-Nordwand-Bänderweg sollte es zwei Firnfelder geben und es fehlten Informationen, wie gut sich diese überwinden liessen. Die erste Stunde wanderten wir drei taleinwärts, bis wir direkt vor dem Kanjavec standen.

Nach links führte der Maultiersteig zur Koca na Dolicu, doch geradeaus sollte ein Steig direkt hochgehen: der Komar-Steig. Ungläubig starrten wir die schroffe Flanke an. Da hoch? Wie das denn? Umso erstaunter waren wir, als wir nach kurzer Zeit einen Steig fanden, der gut markiert in die Nordwestflanke führte. Sehr listig windet sich der Steig durch Schluchten, über Bänder und über Rücken, teilweise mit ziemlich betagten, aber dennoch bombenfesten Stahlseilen versichert. Immer wieder staunen wir, wie sich der Steig durch die Topographie schlängelte, bis wir schliesslich nach drei Stunden oben am Maultiersteig ankamen.

kanjavec-2.JPG


Wir sind uns alle drei einig. Ein selten schöner Steig, der völlig zu Unrecht in den meisten Klettersteigführern fehlt und eine durchaus bessere Würdigung verdient hätte.

komar-1.jpg


Und das Wetter? Wir waren seit dem Einstig völlig von Nebel umgeben und auch der Weiterweg über den Kanjavec-Bänderweg würde wohl im Nebel stattfinden. Ein Riesennachteil, weil uns dadurch die Tiefblicke nicht vergönnt sein würden. Aber andererseits ein Vorteil für die Psyche, da wir den gähnenden Schlund unter uns nur erahnen, jedoch nicht sehen würden. Trotz Nebel brachen wir auf und gelangten rasch zum ersten Firnfeld. Glücklicherweise liess es sich bequem in der oberen Randkluft umkraxeln, sodass wir keine Zeit verlieren mussten, um die Steigeisen und sonstigen Sicherungen anzulegen.

Aber jetzt ging es zur Sache. Gleich zu Beginn begingen wir sehr schmale und enorm bröselige Bänder, während der Abgrund nur gerade zwei Meter von uns entfernt verlief. Auch mit Nebel war es eine enorme mentale Herausforderung. Der Steig führt um Ecken herum, in Kessel hinein, etwas rauf, wieder etwas runter. Dabei wechselt der steinerne Untergrund von schottrig zu felsig zu splittrig, von grau über kalkweiss zu rot und braun. Wir staunten über die Vielseitigkeit und die Abwechslung auf dieser Route.

kanjavec-3.JPG


kanjavec-4.JPG


Abwechslung bot leider auch das Wetter. Der Nebel begann uns mit einem leichten Nieselregen einzudecken. Richtig nass wurden wir jedoch auf den Bändern, weil uns der nasse Fels zutropfte. Beim Vodnikov Vrsac stiegen wir ein Geröllfeld hoch und kamen dadurch etwas aus der Nässe heraus. Auf der Scharte erhielten wir trotz des Nebels einen wunderschönen Tiefblick auf den Jezero-See. Und kurz darauf gelangten wir zur Zasavska Koca. Zu diesem Zeitpunkt wurde mir klar, dass es kein zweites Firnfeld mehr gab und ich das 30 m-Seil umsonst mitgeschleppt hatte. Die Nackenmuskulatur dankte es mir schon jetzt mit schmerzhaften Stichen.

kanjavec-5.JPG


Der Abstieg von der Hütte war einer dieser wunderschönen und leichten Steige, die vielerorts in den Julischen Alpen sehr bequem in steilstem Gelände verlaufen. Wir staunten immer wieder, wie tadellos die unterschätzten Slowenen ihre Wege in Schuss halten. Der steile Abstieg durch die Zadnjiski Dol ging hingegen wieder enorm in die Knie und als wir in der Zadnjica endlich flacheres Gelände erreichten, öffnete der Himmel seine Schleusen. Alles an uns, was zu diesem Zeitpunkt noch trocken war, wurde nun völlig durchnässt. Schuhe, Rucksäcke, Seile, Landkarten... nichts, was nicht durch eine völlig wasserdichte Kunststoff-Schicht bedeckt war, blieb verschont. Zurück am Auto waren wir alle drei patschnass, aber zufrieden und stolz, dass wir solch eine Tour auch bei diesen Verhältnissen bewältigt hatten.
"Wenn du allein bist, bist du still, und wenn du still bist - vor allem wenn du zwei Monate still bist-, bewegen sich Dinge in dir."
Silvia Vidal
Letzte Änderung: 21 Sep 2013 14:17 von kletterkiki. Begründung: Übersetzung vom Schweizerischen ins Deutsche
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