Hallo Christian
Ja, du hast recht, das Klettersteiggehen ist eine Alternative im Alter, die Bergwelt weiterhin in der Senkrechten zu erleben. Allerdings habe ich mich zu keiner Zeit abfällig über die Klettersteigler ausgelassen. Vielmehr lautete meine Devise: Jeder wird in den Bergen auf seine Art glücklich, ob auf einfachen Wanderungen oder in senkrechten, äusserst schwierigen Wänden. In den 50er-Jahren waren wir einfach ungestüm und voller Tatendrang. Keine Wand schien uns zu steil und kein Weg zu lang. Um in unser geliebtes Gelände zu kommen, fuhren wir oft mit dem Fahrrad von Luzern nach Meiringen, damit wir in den Engelhörnern klettern konnten. Manchmal habe ich auf dem Estrichboden im Gebälk in Trittschlingen hängend zu „Trainingszwecken“ die Nacht verbracht, was meine Eltern nicht so lustig fanden. Unsere Vorbilder damals waren: Hans Dülfer, einer der besten Felskletterer vor dem 1. Weltkrieg (starb im 1. Weltkrieg in der Lorettoschlacht bei Arras) oder Leo Maduschka (starb am 4. September 1932 in einem Biwak in der sturmumtosten Civetta-Nordwestwand). Leo Maduschka, der Münchner Bergsteiger ist als „Junger Mensch im Gebirg“ in die alpine Literatur- und Geistesgeschichte eingegangen.
Als 16-jähriger lautete sein Wahlspruch:
„Wenn einer fällt, nicht jammern und klagen, immer das Hohe, das Äusserste wagen. Wenn es soweit, wenn es ist Zeit, blick nicht zurück – erfüll‘ dein Geschick.“
Dies wurde damals auch zu meiner Devise. Wenn ich mir vorstelle, mit welchem Material und welcher Ausrüstung wir damals in die grossen Nordwände der Alpen eingestiegen sind, stellen sich mir „die Haare zu Berge“. Heute lassen wir alles viel gemächlicher angehen, haben aber trotzdem die gleichen Glücksgefühle wie damals!
Liebe Grüsse Sepp