Kleiner Denkanstoß zum Thema „Gegengleiches Einhängen der Karabiner“

Hallo zusammen!
Mit den folgenden Text will ich niemanden belehren oder missionieren, sondern einfach nur meine veränderte Sicht auf dieses Thema und meinen Grund dafür darlegen.
Ich denke jedenfalls, dass es nur von Vorteil sein kann, wenn ich meine Erfahrungen öffentlich schildere.
Mir war zwar früher schon klar, dass das gegengleiche Einhängen der KS-Karabiner nicht nur den (für mich schwer nachvollziehbaren) Sinn hat, die Wahrscheinlichkeit eines Karabinerbruches herabzusetzen, sondern dass damit auch vor allem - gerade bei den modernen, oft sehr flachen Karabinern - verhindert wird, dass man beide Karabiner versehentlich gleichzeitig aushängt, sollte man sie einmal unbewusst oder in Panik beide gleichzeitig greifen.
Die ganze Zeit war dies wegen meinen etwas klobigeren Karabinern kein Thema für mich, und ich habe das gegengleiche Einhängen bei anderen eher als etwas übertrieben empfunden.
Nun kamen in der letzten Zeit zwei Umstände bei mir zusammen, welche mein Sicherheitsverhalten negativ beeinflusst haben, wobei ich jedoch nur mir alleine die Schuld dafür geben kann.
Der erste Umstand war, dass ich bei leichten Klettersteigen angefangen habe, den Respekt zu verlieren - was für sich genommen schon schlimm genug ist.
Der zweite Umstand war, dass die Klettersteigkarabiner meines neuen Klettersteigsets wirklich extrem flach sind. Es greifen sich jetzt zwei Karabiner zusammen quasi genau so bequem, wie vorher ein einziger.
In der Folge davon habe ich - zuerst bewusst und nur in ganz bestimmten, vermeintlich ungefährlichen Situationen (beispielsweise in manchen Stellen im Huterlaner-KS) beide Karabiner gleichzeitig umgehangen. Leider ist das menschliche Gehirn sehr anfällig für Gewohnheiten und automatische Abläufe, sodass auf Dauer nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch in höchst gefährlichen Situationen nicht doch einmal beide Karabiner unbewusst gleichzeitig gegriffen werden. Im Gegenteil, es wird immer wahrscheinlicher, je mehr sich diese Gewohnheit einschleift.
Mein Schlüsselerlebnis hatte ich in der oberen, recht ausgesetzten Querung des Zimmereben-Klettersteiges, in dem ich gänzlich ohne Not und unbewusst, an einem Arm im Reibungstritt hängend, beide Karabiner gleichzeitig umgehangen habe. Wer den Steig kennt weiss, dass ein Absturz an dieser Stelle einzig und allein den Tod zur Folge hätte.
Auf jeden Fall hat mich in dem Moment meine Nachlässigkeit so nachhaltig schockiert, dass ich seitdem die Karabiner konsequent gegengleich einhänge.
Wer weiß, wie sich die Entwicklung bei mir in den nächsten Monaten ohne dieses Erlebnis fortgesetzt hätte.
Es soll zwar jeder klettern, wie er es für sich als richtig empfindet, so lange es anderen gegenüber nicht unverantwortlich oder gefährdend ist, aber es schadet bestimmt auch nicht, sich für 5 Minuten mal gedanklich mit dem obigen Zusammenhang zu befassen.

Ich wünsche allen eine unfallfreie Saison!
(Das Bild ist aus meiner Garage und dient nur der Verdeutlichung, sollte sich vielleicht jemand unter dem Begriff des gegengleichen Einhängens nichts vorstellen können)

LG, Markus

Hallo ! Ein heikles Thema, da gefühlt ein jeder die Sache so handhabt wie er das für richtig hält oder es sich so angewöhnt hat. Mich eingeschlossen ! Schon oft habe ich gelesen, beigebracht bekommen , dass das gegenläufige Einhängen gut ist, da es eine erhöhte Sicherheit beim K.S.-Gehen verspricht. Markus hat ja schon einige Sicherheitsaspekte angesprochen, die auch einleuchten . Schaut man aber auf K.S.-Toueren so anderen Bergkameraden " über die Schulter " machen Mann/Frau das wie es so grad paßt.
Ich ertappe mich immer dabei es gerade unter Streß ( z.B. schwere Kletterstelle ) eben nicht so zu machen, sondern die Karabiener dann paralel einzuhängen, weil einfach mal so angewöhnt.

Hi,

ich hielt das bisher immer für ein akademisches Problem. Wenn es aber tatsächlich passieren kann, dass man beide Karabiner gleichzeitig aushängt, dann sollte man das Thema doch sehr ernst nehmen. Bei meinen, noch etwas dickeren Karabinern am KS-Set halte ich es noch für unwahrscheinlich, passe aber in Zukunft doch etwas auf.

Was ich aber schon hin und wieder beobachtet habe, ist, dass manche überhaupt nur einen Arm des KS-Sets benutzen und den zweiten Karabiner z.B. in den ersten einhängen. So hat mich vor kurzem auf dem Hausbachfall-KS bei Reit im Winkl ein "local" im Laufschritt (das ist keine Übertreibung) überholt, der nur einen Karabiner benutzte, damit es schneller geht. Ich habe dann ein wenig gewartet, damit er mir im Ernstfall nicht auf den Kopf fällt.

Gruß Klaus

mmmhhhh... danke für den Denkanstoss... macht mir schon ein bissl Angst, dass es passierten kann, dass man beide Karabiner gleichzeitig aushängt. Ich hänge fast nie gegenläufig ein. Liegt vielleicht auch daran, dass ich eher die leichten Steige gehe...

Klaus61 schrieb:
So ging es mir auch die ganze Zeit, dass ich dachte,
damit wird schlicht eine rein theoretische Gefahr eines Karabinerbruches minimiert.
Ich fand das auch immer etwas übervorsichtig und verkopft.

Was ich aber noch einmal herausheben will:
Ich bin keineswegs der Meinung, dass das "normale" Einhängen der Karabiner falsch sei.
Es ist nur einfach so, dass das gegengleiche Einhängen für mich sehr gut geeignet ist,
eingeschliffene Angewohnheiten im Keim zu ersticken.
Sind erst einmal beide Karabiner gegenseitig eingehangen, hängt man sie auch gezwungenermaßen auf jeden Fall einzeln um.

Klaus61 schrieb:
Das sehe ich ein wenig anders.
Im ersten Punkt geht es ja um eine versehentliche und nicht bewusst gewollte gefährliche Handlung,
welche man naturgemäß ja vermeiden will. Dagegen hilft meiner Meinung nach das gegenseitige Einhängen
als Mittel der Konditionierung und letzte Verteidigungslinie.

Beim zweiten Punkt - dem bewussten Gehen mit nur einem Karabiner oder ungesichert -
ist es der freie Wille des Kletterers unter Inkaufnahme eines mehr oder weniger hohen kalkulierten Risikos.
Davon kann man freilich halten was man will.
Ich bin jedoch Anhänger der Eigenverantwortung und halte zuerst einmal
jeden Menschen für mündig und stehe ihm Selbstbestimmung zu.
Naturlich unter der absoluten Bedingung, dass eine Gefährdung Dritter ausgeschlossen ist.
Wenn jemand den unbenutzten 2. Karabiner bspw. an der Einbindeöse geparkt hat,
ist zwingend von Unwissenheit auszugehen. Dann halte ich es für meine Pflicht,
den KS-Geher darauf aufmerksam zu machen.
Wenn mich jedoch in der 2. Sektion des Kaiser-Max-KS jemand ungesichert überholt
oder gar - was auch schon vorkam - mir von oben entgegenkommt, sage ich ihm auch nur freundlich hallo.

Wie gesagt, soll der Eingangspost keine Belehrung oder Missionierung darstellen,
sondern nur einen Sachverhalt aufzeigen, der vielleicht noch nicht jedem bewusst ist.

LG, Markus

Also so mal grundsätzlich , außer der Reihe ! Markus ja wichtiger " Denkanstoß " hier bezweckt doch eines auf jeden Fall ! Das Nachdenken über das eigene Verhalten und der gleichzeitige Austausch im Forum mit Interessierten. Dies erzeugt so gut wie immer einen Lerneffekt ! In meinen Augen die Kardinalsaufgabe die ein Fachforum wie dies hier leisten kann !! SUPER !! Gerne mehr davon !
L.G. Christian