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THEMA: Sicherungsmuffel - Wie geht man mit ihnen um?

Sicherungsmuffel - Wie geht man mit ihnen um? 07 Okt 2012 17:29 #1

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Ich möchte hier auf Grund eigener Erfahrungen eine Diskussion starten, die möglicherweise für alle Klettersteiger von Nutzen sein könnte.

Ausgangslage: Ein erfahrener Klettersteiger (wir nennen ihn Franz) wird von einem Bekannten (genannt Urs) angesprochen, ob er ihn mal auf einen Klettersteig mitnehmen würde. Franz sagt ja und trifft sich einige Wochen später mit Urs an einem C-Steig. Franz erklärt Urs die Handhabung des Klettersteigsets, was Urs eher gelangweilt mitmacht, denn er hat ja bereits Erfahrungen mit einem Hochseilgarten, ist auch sonst viel im Gebirge unterwegs, hat schon an Wolkenkratzern Fenster geputzt und hat auch schon eine Winter-Nacht-Begehung der Schleierkante hinter sich.

Franz staunt und lässt Urs in den Klettersteig einsteigen. Dann folgt er ihm und achtet genau darauf, ob sich Urs korrekt sichert, was dieser auch tut. Schon nach wenigen Minuten stellt Franz überrascht fest, dass Urs im Klettersteig ein unglaubliches Tempo drauf hat. Der Abstand wird immer grösser und irgendwann verschwindet Urs auch immer mal wieder hinter einer Felskante.

Nach 40 Minuten Klettersteig trifft Franz wieder auf Urs, der ganz gemütlich auf einem ausgesetzten Sims hockt, eine Kaminwurzen mampft und dem Franz ein fröhliches "Kummscht au endlich mal!?" entgegenschmettert. Franz trifft fast der Schlag, denn Urs ist in keinster Weise mit dem Sicherungsseil verbunden. Und der Helm hängt hinten am Rucksack. Als Franz ihn auf die schlimmen Sicherheitsmängel hinweist, erklärt Urs: "Das ischt doch ein ganz einfacher Steig! Da muscht du dich ned sichern! Am Wolkenkratzer hammer das beim Fenschterputzen auch nicht gemacht!"

Was jetzt? Vorschläge? Ich bin gespannt, wie ihr reagieren würdet...

Ich werde versuchen, in der Diskussion den Advocatus Diaboli - also den Urs - zu spielen.
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Sicherungsmuffel - Wie geht man mit ihnen um? 07 Okt 2012 17:45 #2

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ich diskutiere gerne mit B) .

Vor einigen Jahren noch hätte ich den Urs unglaublich zusammengeschissen. Aber das bringt nur böses Blut.

Heute würde ich darauf hinweisen, wie wichtig das Sichern ist. Sich zu sichern und den Helm auf die Rübe zu setzen hat ja nicht unbedingt was mit dem persönlichen Können zu tun. Da bricht ein Haltegriff oder es gibt Steinschlag. Wenn man da nicht gesichert ist, dann macht man unter Umständen den tödlichen Abgang :S :S :S .

Wenn der Urs dann nicht bereit ist, sich zu sichern, dann war es die letzte Tour, die ich mit ihm gegangen bin. Ich mag nämlich nicht dabeisein, wenn der abstürzt und ich will nicht seiner Familie erklären müssen, wie das passieren konnte.
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Walter Bonatti (1930-2011)
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Sicherungsmuffel - Wie geht man mit ihnen um? 07 Okt 2012 18:00 #3

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Urs würde es Franz sehr übelnehmen, wenn er ihn zusammenscheissen würde. Schliesslich ist Urs ja völlig Herr der Lage und Franz kann ja wohl kaum einschätzen, wie gut Urs im Klettern ist. Urs wäre tödlich beleidigt und würde Franz innerlich Feinschaft schwören (Kletterkiki hat recht. Zusammenscheissen löst das Problem nicht, sondern verschärft es nur.)

Urs meint betreffend die anderen Argumente, dass wir uns ja hier auf einem sehr neuen und gut gesicherten Klettersteig befinden, da können ja wohl kaum irgendwelche Griffe ausbrechen. Ausserdem hat er in der Zeitung gelesen, dass der Klettersteig im Frühling jeweils von sogenannten Felsenputzern von lockeren Steinen befreit wird. Es kann hier also auch keinen Steinschlag geben.

Ach ja... und wegen der Familie solle sich Franz keine Sorgen machen. Seine Familie wisse, dass er ab und zu Risiken eingehe und sei daran gewöhnt. Und überhaupt: Urs wird nicht abstürzen.

Kurzum: Urs will sich nicht sichern, denn gefährlicher als das Fensterputzen ist es ja nicht.

Franz und Urs befinden sich immer noch mitten im Klettersteig. Weitere Argumente?
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Sicherungsmuffel - Wie geht man mit ihnen um? 07 Okt 2012 18:26 #4

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Dann lass ich ihn... soll er ruhig vorgehen. Ich will nicht dabei sein, wenn er abstürzt :dry: :dry: :huh: . Wie gesagt, eine weitere Tour würde es dann mit ihm sowieso nicht geben.
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Sicherungsmuffel - Wie geht man mit ihnen um? 07 Okt 2012 19:06 #5

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Nun kann man sich bestimmt fragen, ob das Verhalten von Franz richtig ist. Franz ist ein gewissenhafter Bergsteiger, der eine der wichtigsten Bergsteiger-Regeln verinnerlicht hat: "Lasse am Berg nie jemanden alleine ."

Sollte Urs davonziehen, sodass er von Franz nicht mehr gesehen wird, ist Anjas Vorschlag wahrscheinlich tauglich. Was aber, wenn Urs nun bei Franz bleibt?

Und ich erweitere das Szenario noch zusätzlich. Franz und Urs sind zusammen im Urlaub und die beschriebene Tour ist die erste Klettersteig-Tour der Urlaubswoche. Was macht Franz, der am folgenden Tag wieder einen Klettersteig gehen will? Er kann Urs ja nicht einfach in den Zug setzen und nach Hause schicken...
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Sicherungsmuffel - Wie geht man mit ihnen um? 07 Okt 2012 20:10 #6

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Tja, ich sehe da wenig Spielraum für Lösungen: Urs will den Steig offenbar genau so gehen wie er will (logischerweise ist er auch noch schneller weil er nicht umhängen muss) und ist für die (selbstverständlich richtigen Argumente) seines Partners nicht zugänglich - Franz muss sich überhaupt nichts vorwerfen (außer dass er im Vorfeld seinen Partner nicht richtig eingeschätzt hat und das jetzt selber ausbaden muss) - nochdazu ist Franz sehr gewissenhaft und fühlt sich seinen Partner gegenüber verantwortlich was sehr lobenswert ist aber in dem Fall für ihn im eigenen Interesse nicht hilfreich ist...

ich mein das sind Erwachsene Menschen und wenn man jmd. 3x etwas sagt und er auch merkt, dass es einem selber zutiefst stört - da ist dann eben das Ende der Fahnenstange erreicht und man muss auch mal drüberstehen sofern man sich nicht selber die Tour verderben will noch dazu wenn es dann um eine ganze Woche geht - dass es wahrscheinlich die letzte gemeinsame Tour/Woche der beiden war das lese ich natürlich auch aus deinem Szenario und kann ich gut nachvollziehen...
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Sicherungsmuffel - Wie geht man mit ihnen um? 07 Okt 2012 20:56 #7

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Soweit ist Franz mittlerweile mit seinen Überlegungen auch gekommen. Jeder Mensch hat seinen Willen und seine Entscheidungsfreiheit. Er kann nur Argumente für das Einhängen der Sicherungen aufzählen, die da wären (ich rekapituliere):
- Steinschlag kann einen Bergsteiger aus der Wand kegeln
- ein Griff kann ausbrechen
- als "Stärkerer" bzw. "Erfahrener" übernimmt Franz die Verantwortung für Urs (mit rechtlichen Konsequenzen).
- Franz muss ein Unglück nicht nur selbst mental verkraften, sondern auch gegenüber Angehörigen geradestehen
- weitere Argumente?

Franz lässt Urs nun so klettersteigen, wie dieser es will, entscheidet sich aber, keine weitere Touren mehr mit Urs gehen zu wollen. Nur... wie sagt man es dem Kinde?

Wir gehen mal davon aus, dass Urs diese Absicht von Franz nicht versteht, denn aus seiner Sicht klettert Urs natürlich immer im grünen Bereich und geht kein - aus eigener Sicht - unvertretbares Risiko ein. Wie schaffte es Franz, dass er mit Urs keine weiteren Touren mehr gehen muss, ohne ihn zu beleidigen.

Noch eine Frage: Kann Franz dem Urs klare Bedingungen diktieren: "Entweder du sicherst dich, oder ich gehe nicht mehr mit dir auf Tour!"???
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Sicherungsmuffel - Wie geht man mit ihnen um? 07 Okt 2012 21:06 #8

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puhhhh... wie sag ich's meinem Kinde???

Da hatte ich in der Vergangenheit offenbar Glück :-). Die, für die ich "die Verantwortung übernommen habe" haben sich alle vorschriftsmäßig gesichert.

Der, den ich vor Jahren mal zusammengeschissen hab, mit dem war ich nicht mehr zusammen am KS unterwegs. Dazu ist anzumerken, dass wir beide damals Neulinge waren. Ich hatte also nicht die Verantwortung für ihn. Aber ich weiß noch, dass ich ihn "vor versammelter Mannschaft" rund gemacht hab. Das hat er mir ziemlich übel genommen. Verletzter männlicher Stolz und so... Meine Worte waren damals nicht grad schmeichelhaft...

Nachtrag: Einen aktuellen Fall gibt es auch, aber für diese Person hab ich weder die Verantwortung noch gehe ich mit ihr nochmal ne Tour, wenn sie sich nicht sichert.
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Letzte Änderung: 07 Okt 2012 21:11 von kletterkiki.
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Sicherungsmuffel - Wie geht man mit ihnen um? 07 Okt 2012 21:28 #9

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-also ohne jetzt Jurist zu sein aber unter Titel "Führer aus Gefälligkeit" kann ich mir nicht vorstellen, dass Franz für einen Unfall von Urs verantwortlich gemacht werden kann, der aus dessen "nicht sichern" entstanden ist (schließlich hat er ihn darüber aufgeklärt und auch danach darauf hingewiesen) ich glaube bei deinem Szenario würde Franz nicht mal was passieren wenn Franz Bergführer und Urs zahlender Gast wäre

-außenstehend betrachtet hat sich Franz natürlich auch moralisch gegenüber Familie und sich selbst etc. nichts vorzuwerfen wenn etwas passiert - wobei als Erfaherener/Führer aus Gefälligkeit fühlt man sich natürlich immer irgendwie verantwortlich auch wenn für viele Gefahren nix kann umso mehr in diesen Fall wenn ein Risiko eingegangen wird das offensichtlich vermeidbar ist...

aber um Objektive Gründe geht es bei diesem Beispiel offenbar sowieso nicht - also die Chance auf harmonische KS-Partner sehe ich in dem Fall nicht allzu gut :woohoo:

Also empfinde es nicht als Beleidigung wenn man seinen Partner sagt, dass man nun mal grundsätzlich KS bestimmter Schwierigkeit selber nur mit Sicherung begeht und das auch von seinen Begleitern erwartet - er kann ja dann selber entscheiden ob er das akzeptiert oder nicht, ist für mich nichts anderes als ob ich sage: ich gehe KS bis max C wenn du schwerere gehen willst dann ohne mich - ist ja auch keine Beleidigung sondern nur eine klare Information für mein Gegenüber...
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Sicherungsmuffel - Wie geht man mit ihnen um? 08 Okt 2012 13:24 #10

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klipp und klar die Ansage, ohne Sicherung übernehm ich keinerlei Verantwortung, gehe auch mit dir keinen Schritt weiter und der Hinweis. dass es offenbar nicht passt. Soll er doch in Zukunft allein oder mit sonstwem gehen.

Blöd wär natürlich, din Hinterbliebenen auch noch zu erklären, dass er n Oberdepp war...

Aber Spaß beiseite... es gibt (und das ist gut so) an Klettersteigen ja keine Sicherungspflicht. Die interessantere Frage wäre m.E. wie sag ich es mir völlig fremden, die einen "untauglichen" Eindruck machen. Im Zweifel wirste immer angeblafft und bist der Trottel. Da kann man im Zweifel mit Engelszungen reden. Es ist eben immer von den Fähigkeiten des betreffenden abhängig. Wenn der Huber die grosse Zinne frei klettert, werd ich n Teufel tum, ihm am Paternkofel zu sagen, das ist aber n Klettersteig, hier musste dich sichern ;-)
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Sicherungsmuffel - Wie geht man mit ihnen um? 08 Okt 2012 14:25 #11

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Du hast Recht. Und wenn die Kletterlegende Kurt Albert am Höhenglücksteig abstürzt, dann trägt er allein die Schuld. Das ist tragisch, ja, können wir aber nicht ändern. Aber wir können uns vor Augen halten: Pass auf Junge/Mädel, auch wenn du noch so gut bist, auch du kannst Fehler machen! Oder es fällt dir ein Stein auf'n Kopf und aus die Maus...
Gruß Joe.
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Sicherungsmuffel - Wie geht man mit ihnen um? 08 Okt 2012 15:48 #12

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Ich möchte an dieser Stelle den Begriff "Persönliches Sicherheitsbedürfnis" in die Debatte werfen. Soll heißen, der Eine traut sich nicht, zu Hause eine 3 m hohe Leiter hinaufzusteigen, weil er ja herunterfallen könnte, und der Andere klettert auch schon mal free solo, also frei und ohne Seilsicherung in Touren, die wir nur mit künstlichen Hilfsmitteln wie Stahlseil, Krampen und KS-Set schaffen könnten und stolz darauf wären, einen E-Steig geschafft zu haben.
Wie heißt es auf www.klettersteig.de/informationen/was-sind-klettersteige:
"Spezielle Ausrüstung ist in der Regel erst ab Schwierigkeitsstufe 3 notwendig."
Und wenn dann der schwindelfreie Hochhausfensterputzer Urs bei einem relativ leichten Steig sich nur mit den Händen sichert, Gurt und Set aber angelegt hat, um sich bei Bedarf an der Schlüsselstelle C (3,5) doch selbst sichern zu können, dann würde ich persönlich das akzeptieren. Ich akzeptiere aber auch eure Bedenken, mit Schutzbefohlenen unterwegs zu sein, die sich nicht an die von euch vorgegebenen Spielregeln halten. Das Durchsetzen dieser Regeln ist wohl eine Frage der Autorität.

Ich halte das Ganze sowieso für ein Luxusproblem. Wenn ich Neulinge mitnehme, die im Steig mit Spaß bei der Sache sind, und - jetzt mal hypothetisch- besser und schneller unterwegs sind als ich, dann freue ich mich, entlasse die Person auf der Stelle in die Selbständigkeit - ggf. vor Zeugen - und vertraue darauf, dass schon nichts schiefgehen wird, - wenn ich meiner Pflicht genüge getan habe, den Novizen eindringlich auf die bestehenden Gefahren hingewiesen zu haben. Wer nicht schon selbst Abstürze oder Steinschlag miterlebt hat, könnte ja solche Beispiele vom Hörensagen wiedergeben und Urs wenigstens zum Tragen des Helms überreden. Ansonsten - jeder ist seines (Un-)Glückes Schmied.
Ob ich mit Urs nochmal unterwegs sein wollte? Ja. In einem D-Steig mit einer E-Variante und in der berechtigten Annahme, dass er dann sein Set benutzt. Und in der Erwartung, dass er dort seine technischen und mentalen Grenzen aufgezeigt bekommt und künftig mehr Verantwortungsbewußtsein an den Tag legt.
Grüße von Franz ;)
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Sicherungsmuffel - Wie geht man mit ihnen um? 08 Okt 2012 17:27 #13

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Hansi Hinternseher schrieb:
Ich möchte an dieser Stelle den Begriff "Persönliches Sicherheitsbedürfnis" in die Debatte werfen. Soll heißen, der Eine traut sich nicht, zu Hause eine 3 m hohe Leiter hinaufzusteigen, weil er ja herunterfallen könnte, und der Andere klettert auch schon mal free solo, also frei und ohne Seilsicherung in Touren, die wir nur mit künstlichen Hilfsmitteln wie Stahlseil, Krampen und KS-Set schaffen könnten und stolz darauf wären, einen E-Steig geschafft zu haben.

Also aus genereller Sicht bin ich schon ganz bei Dir Hansi...

Persönlich habe ich nämlich nicht wirklich ein Problem damit wenn jmd. aus "freien Stücken" (sprich ohne von Partner/Gruppe unter Druck gesetzt und aufgeklärt über Alternativen und Risiken) einen Klettersteig ohne Sicherung begeht und man sollte das meiner Meinung nach dann auch akzeptieren - ich will jetzt auch gar nicht eine Debatte anfangen ab welchen Schwierigkeitsgrad eine freie Begehung noch nachvollziehbar und ab wann der "helle Wahnsinn" beginnt denn auch da sind wir wieder bei Können und v.a. dem "Persönlichen Sicherheitsbedürfnis" Ich würde mich auch nie erdreisten einen mir fremden KS-Geher ohne Sicherung (vielleicht noch mitten im KS an einer schweren Stelle!) kritisch anzusprechen - ich mein ich kenne ja auch einige Leute (zt. Bergrettungsleute, Hüttenwirtin etc...) die einfach mal so einen C/D Steig machen - bei geeigneter Gelegenheit mag hier sicher mal die Frage erlaubt sein: "Und hast du keine Bedenken gehabt im Steig XYZ?" und daraus kann sich dann sicher auch eine bessere Diskussion entwickeln als wie wenn ich dem Betreffenden direkt am Steig ein: "Bist ein Selbstmörder hah?" an den Kopf knalle. Auf der anderen Seite gibt es ja auch genüngend ich sag mal "gesicherte Steige" bis ca. B/C wo generell der Anteil von Leuten ohne KS-Set bei ungefähr 20-50% liegt - da lasse ich selber auch schon mal das Set zuhause (mit dem Bewusstsein, dass es mit Sicherung sicherer wäre) aber auf eine Belehrung von wildfremden Leuten wie denn so ein Klettersteig "ordnungsgemäss" zu absolvieren ist kann ich da dann auch verzichten - aber da sind wir schon wieder beim persönlichen Sicherheitsbedürfnis...

gut das war der generelle Part - aber im speziellen Fall zw. Franz und Urs geht es ja eher um ein persönliches Problem und v.a. geht es da um mangelnde Rücksichtnahme gegenüber anderen wenn ich nicht merke, dass ich mit meinen Verhalten dem Anderen komplett den Spass verderbe obwohl es ein leichtes wäre das ändern (und mir selber auch nicht schadet sondern im Gegenteil nützt) dann ist eben Hopfen und Malz verloren - ich mein nur mal als Beispiel: Jmd fragt mich ob wir zusammen den Mannlgrat/Höher Göll machen können (allerdings will derjenige den Steig nur mit Sicherung begehen) - selber würde man für den Steig aber unter normalen Umstände kein Set mitnehmen - was ist dabei es doch zu machen wenn man schon weiß das der Begleiter Bauchweh bekommt wenn man ohne vor ihm herumturnt? Richtig: Gar nichts ist dabei - dabei fliegt einem sicher kein Zacken aus der Krone - aber es geht halt heutzutage so oft einfach nur darum seinen eigenen Sturschädel durchzusetzen....
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Sicherungsmuffel - Wie geht man mit ihnen um? 08 Okt 2012 18:52 #14

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Wow!! :woohoo: :woohoo: :woohoo:

Dieses Thema geht ja echt ab hier!! So mag ich es!

Erst mal bedanke ich mich für alle Beiträge. Ich werde mich später mit ein paar weiteren Aspekten zum Thema melden...
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Sicherungsmuffel - Wie geht man mit ihnen um? 08 Okt 2012 19:17 #15

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Ich möchte eine interessante Bemerkung von Tom aufgreifen:
tom77 schrieb:
Franz muss sich überhaupt nichts vorwerfen (außer dass er im Vorfeld seinen Partner nicht richtig eingeschätzt hat und das jetzt selber ausbaden muss)

Franz hat schon mehrmals Anfänger mit auf Klettersteige mitgenommen. Aber noch nie hatte er die Leute vorher eingeschätzt. Warum auch? Meist waren es wirklich Anfänger ohne jegliche Kletter-Erfahrung, denen er die Sicherungstechnik von der Pike auf beibrachte. Wobei... da war ja damals sein Freund Alex, der schon auf den ersten 100 Höhenmetern fast einen Kreislaufkollaps bekam - und das ohne Rucksack!! Damals musste Franz die Tour abbrechen und Alex begleiten, weil er sich nicht mal zutraute, zum Auto zurückzukehren, ohne alle Viere zu strecken.

Wie soll er es künftig anstellen, dass ihm solche Dinge wie mit Urs und Alex nicht ein weiteres Mal passieren? Wie schätzt man einen anderen Menschen richtig ein? Gibt es irgendwelche Hilfsmittel dazu? Irgendwie ist es Franz zuwider, vor jeder Tour ein ausgiebiges Klettersteig-Assessement durchzuziehen...
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