In diesem SAC-Artikel gehen wieder einmal Notfälle an den Felsen, vor allem in Klettersteigen, auf die Kappe von generell "schlecht vorbereiteten" Gelegenheitskletterern. Ich bin dagegen überzeugt, dass etliche Wochenend-Kletterer den Steig und sich besser einschätzen könnten, wenn
die Steige sehr viel objektiver beschrieben werden würden!
Besonders über die neuen Steige hört und liest man meistens „schöner Genusssteig“ - „herrliche Routenführung“ - „tolles Panorama“ - „schöner Familiensteig“ - „kinderfreundlich“ usw. So gut wie immer werden die wirklichen Anforderungen in den Steigen extrem verharmlost oder verschwiegen und da sich die Bewertungs-profis sowieso nicht mehr in Anfänger und Kinder einfühlen können, sind eklatante Unterbewertungen der Steige das meilenweite Resultat!
Steige, wo man ohne Tritthilfen über senkrechte Konglomeratfelsen u.ä., mitunter in permanent feuchten Nordwänden, klettert und am Ende nur deutlich überhängend über die Ausstiegskante kommt, SIND m.E. KEINE „B/C“ Steige, die sich auch mal ein (fortgeschrittener) Anfänger zumuten kann!
Solche heftigen Details sollte man kennen, bevor man mitten im Steig damit konfrontiert wird und wo es dann regelmäßig kein Vorwärts mehr gibt, aber auch kein Zurück! Da ist dann nicht der Berggeher der unfähige Planer, „der sich ständig selbst überschätzt“, sondern die Darstellung des Steigs war so unverfroren dürftig bis falsch, dass sich dieser Kletterer kein objektives Bild von dem Steig und seinen wirklichen Bedingungen machen konnte! Ergebnis: Oft geht’s gut, wenn aber Kind und Kegel auf derartig vermeintlich „familienfreundliche Super-Steige“ mitgeschleppt werden, sind bekannte „Blockaden“ und selbst teuflische Unfälle vorprogrammiert!
Es soll auch Steige geben, bei denen man vorhandene Stifte und Bügel entfernt hat, um dem Steig mehr „Adrenalin-Würze“ zu verleihen! Was soll denn der Unsinn? Begeher, die solche Adrenalin-Kicks brauchen, können doch die vorhandenen Tritthilfen ignorieren und daneben am nackten Fels hoch klettern, demzufolge könnten dann die vor- oder nachsteigenden Kids, Anfänger und sonstige Sports-freunde den selben Steig genüsslich durchsteigen, ohne permanent ans psychische und physische Limit zu kommen. Damit hätte auch jeder mehr oder weniger vorsichtige Mensch die Chance, sich kontinuierlich zu verbessern! Schließlich sind Trainingsmöglich-keiten für Klettersteige äußerst rar bis gar nicht gegeben, zumindest etwas außerhalb der Alpen.
Jüngst in einem der spärlichen guten Bücher (Dave MacLeod,
9 von 10 Kletterern machen die gleichen Fehler) übers Klettern erfahren, dass Bergsteiger bis zu 10 Jahre brauchen, um ihre STURZANGST (die ja beklagte Blockaden hervorruft) abzuschaffen!
Ein Wochenend-Klettersteigler, der auf ziemlich schwierige Steige gelockt wird, soll prinzipiell gefälligst ohne diese Empfindlich-keiten am Felsen stehen bzw hängen! Das ist kein gutes „Miteinander“ im Bergsport! In diesem Sinne wäre es m.E. auch eine besonders gute Idee, wenn man auf manchen Steigen Escape-Routen einbauen würde. In Frankreich, wo wir zuletzt waren, ist das häufiger anzutreffen! –
Möge Euch Euer Weg/Steig stets freundlich entgegenkommen!