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THEMA: Lehren aus einer fatalen Klettersteig-Saison

Lehren aus einer fatalen Klettersteig-Saison 26 Okt 2012 09:02 #1

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"Nach einem tödlichen Klettersteig-Unfall ist die größte Rückrufaktion im Klettersport noch nicht abgeschlossen. Hersteller und auch Kunden sind aber schon jetzt um wertvolle Erfahrungen reicher.

Von Matthias Christler
Innsbruck – Der Klettersteigboom hat seinen ersten, kräftigen Dämpfer durchlebt. Die Hersteller wussten diesen Sommer wochenlang nicht, warum ein neues System an ihren Klettersteigsets, das den Normen eigentlich entsprach, reißen konnte. Die Klettersteiggeher waren verunsichert: Habe ich ein Set mit der gleichen Konstruktion? Hält mein Material einen Sturz aus? Wer gibt mir die Sicherheit zurück?

Seit dem 5. August 2012, als in Walchsee bei einem Sturz beide Äste des Klettersteigsets rissen und dadurch ein junger Urlauber starb, hat sich die Szene verändert. Tests hatten schließlich ergeben, dass die Stretch-Arme bei zu oft wiederholten Belastungen den Anforderungen nicht mehr standhalten. Drei Wochen nach dem Unfall startete die größte Rückrufaktion im Klettersport.

Einige Hersteller zogen ihre Produkte vorsorglich ein und tauschten sie aus. Jetzt, fast drei Monate nach dem Unfall, ruft auch Mammut vier Produkte zurück. „Die Klettersteigsets von Mammut zeigten nachweislich höhere Festigkeitswerte (als die im Sommer zurückgerufenen Produkte, Anm.). Eine unmittelbare Gefährdung kann ausgeschlossen werden, da die Produkte erst seit 2012 im Verkauf sind“, teilte Mammut in einer Aussendung mit. „Um in Zukunft jegliches Risiko auszuschließen, ruft Mammut bestimmte Produkte zurück“, heißt es nun aber weiter.

Das entscheidende Kriterium, ob ein Klettersteigset mit den elastischen Armen reißt oder nicht, ist das Alter und die Dauer der Belastung. Ein Hobby-Klettersteiggeher, der pro Jahr fünf Klettersteige geht, dehnt die Äste etwa 1500-mal. Bei einem ambitionierten Klettersteiggeher mit 15 Touren kommen schon 4500 Belastungszyklen zusammen. Und ein Verleihset, das im Jahr 75-mal verwendet wird, erreicht 22.500 Zyklen. Der TÜV Süd hat nach dem Unfall im August ein neues Prüfverfahren für die Langzeitbelastung entwickelt. Bei optimaler Wartung und Lagerung kann ein Klettersteigset mit elastischen Armen etwa 50.000 Belastungszyklen aushalten. Diese Zahlen helfen den Herstellern weiter – denn die gesetzliche Norm berechnet die Langzeitbelastung nicht mit ein.

Katrin Winkler, Geschäftsführerin vom Tiroler Hersteller AustriAlpin, kritisiert diese Norm: „Die wird inzwischen seit zehn Jahren überarbeitet, das ist ein sehr träger Apparat. Es dauert zu lang“, sagt sie. Ein Großteil der betroffenen Klettersteigsets von AustriAlpin wurde bereits ausgetauscht, die elastischen Arme entfernt und durch starre ersetzt. „Für uns war ganz klar, dass wir zur Sicherheit auf diese Variante zurückgreifen. Hier gibt es auch bei über 200.000 Belastungszyklen keine Ausreißer“, sagt Winkler nach Auswertung interner Tests.

Nur wenige Kilometer weiter im Stubaital wird ebenfalls am Austausch gearbeitet. Das Unternehmen Stubai greift auf ein bisher bewährtes System mit gerafften Armen zurück: „Das ist eine zertifizierte Weiterentwicklung des Vorgängers. Wir haben die Bestätigung, dass wir hier super Werte erreichen“, sagt Helmut Knoflach, Produktgruppenleiter Bergsport bei Stubai.

Die deutsche Firma Edelrid hat wiederum erneut elastische Arme eingebaut. Starre Arme, gerafftes System oder elastische Arme? Für den Kunden schwer zu erkennen, welches wirklich das sicherste ist. Welche Lehren soll er aus diesem Sommer ziehen?

Da Klettersteigneulinge praktisch aus dem Nichts zu einer Tour aufbrechen können, fehlt vielen das nötige Bewusstsein. Kletterausrüstung wie Sets, Gurte oder Helme sind nicht aus ewig haltbaren Materialien hergestellt. „Der Anwender muss das Produkt gewissenhaft pflegen und es auf seine volle Funktionsfähigkeit hin überprüfen“, sagt Knoflach. Vor allem Verleihsets seien mit Vorsicht zu genießen bzw. gar nicht zu empfehlen, ergänzt Winkler. „Weil man nie weiß, wer es davor und wie er es verwendet hat.“

Besonders jetzt am Ende der Saison muss Einiges beachtet werden, die Lagerung etwa: Das Klettersteigset sollte im Dunkeln, im Trockenen und nicht gespannt gelagert werden.

Besonders bei Produkten, die im Notfall über Leben und Tod entscheiden, darf eines, das meist nach dem Kauf sofort im Müll landet, nicht übersehen und überlesen werden: die Gebrauchsanweisung. Jeder Hersteller erklärt genau, wie das Klettersteigset so verwendet und gelagert werden soll, damit es bei einem Sturz auch seine volle Funktion erfüllt. Und Leben rettet."

Quelle: www.tt.com/Freizeit/5596982-2/lehren-aus...ttersteig-saison.csp
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Lehren aus einer fatalen Klettersteig-Saison 29 Okt 2012 20:51 #2

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Naja...

so fatal war die Saison auch wieder nicht... jedenfalls nicht bei uns. Und irgendwie scheint mich dieser Absturz an der Ottenalm auch nicht zu betreffen, da ich solche schwierigen Steige nicht gehe.

Wer die Klettersteige so geht wie bis vor fünf Jahren, muss aus dieser Geschichte vermutlich auch keine besonderen Lehren ziehen.

Sollen sich jedoch solche extremst schwierige Steige mit kurzen Zustiegen und erheblicher Ins-Set-Stürz-Gefahr weiter verbreiten, wäre es vielleicht nicht schlecht, einen neuen Ansatz für die Sicherung zu wählen. Wie wäre es mit einer Art dynamischen Solosicherung, wie man sie in Kletterhallen oder Hochseilgärten findet?

ich bin ja mal gespannt, in welche Richtung sich die Klettersteige künftig entwickeln. Egal wie es wird. Sie bleiben mein liebstes Hobby!
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Lehren aus einer fatalen Klettersteig-Saison 29 Okt 2012 23:58 #3

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Hallo beeler,

"dynamische Solosicherung..." meinst du so etwas wie das neue Klettersteig-Sicherungsgerät ferrata-bloc von austri-alpin? Mitte Oktober hab ich jemanden in der Martinswand damit gesehen. Das Ding ist mit ca. 80 Euro zwar sehr teuer, scheint aber für senkrechte Seilabschnitte als zusätzliche Sicherung doch ganz hilfreich zu sein: Guckst du
www.austrialpin.at/bergsteigen/klettersteig/ferrata-bloc.aspx
www.via-ferrata.de/img-ferrata-bloc-1017.htm
ein Video von "Batman" zum ferrata-bloc gibt es dort: www.bergsteigen.at/de/bericht.aspx?ID=14053

Grüße B)
If I'd be any cooler, I'd be shitting ice cubes! (James Paul Czajkowski)
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Lehren aus einer fatalen Klettersteig-Saison 30 Okt 2012 21:39 #4

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Hallo Joe,

ich dachte eher an eine fest installierte dynamische Sicherung, die in senkrechten Passagen von oben herunterhängt und die bei der Benutzung von oben her auf eine Rolle eingezogen wird. So etwas habe ich in der Kletterhalle in Schlieren und im Hochseilgarten von Toblach schon gesehen. Es ermöglicht das Klettern einer Hallenroute, ohne dass man einen Kletterpartner braucht.

Die Klettersteige werden beim aktuellen Boom wohl bald ein gefundenes Fressen für ganz besondere Jurassier, denen Kalkstein herzlich wurscht ist. Wenn dann zwei bis drei Jahre später die ersten Steigerbauer zu hohen Strafen verknackt werden, werden solche Steige wohl nach und nach mit zusätzlichen Sicherungen ausgestattet (auf diese komischen Ideen komme ich nur, weil ich schon einige Rechtsverfahren hinter mir habe - beruflich natürlich :whistle: - man staunt sehr oft über die gefällten Entscheidungen).

Hoffen wir mal, dass es anders kommt...

Grüsse
Stephan
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Silvia Vidal
Letzte Änderung: 30 Okt 2012 21:40 von BLR.
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