Wir haben das neue Buch „Leichte Klettersteige Schweiz“ von Jörg Bonn zur Ansicht erhalten. Wie es zu erwarten ist, folgt das Buch aus dem Bruckmann-Verlag der Tradition der Klettersteig-Bücher von Eugen Hüsler. Es darf somit kein Atlas im Stil des Schall-Verlags oder des Alpinverlags erwartet werden. Topos gibt es keine.
Das Buch kommt sehr ansprechend daher und enthält viele Fotos in guter Qualität. Der Führer ist für Einsteiger und Familien gedacht und umfasst daher eine Vielzahl von gesicherten Steigen, die an die Klettersteige heranführen, jedoch in Buchform noch nie veröffentlicht wurden (z. B. Ybriger Leiter). Aber auch einige mittelschwere Steige sind enthalten, bei denen man die schweren Varianten en passant mitnehmen kann. Es ist eine runde Auswahl, bei der man nur die VF de Tychodrome vermisst.
Der Schreibstil von Jörg Bonn ist sprachlich gewieft und sehr flüssig zu lesen. Ein besonderes Talent hat er für die Beschreibung von verwinkelten und schwer zu findenden Zustiegen. Die Beschreibungen beschränken sich – anders als beim Kollegen Hüsler – auf den Klettersteig selbst. Informationen über Besonderheiten der Gegend und Tipps werden in einem kleinen Feld bei jeder Beschreibung erwähnt. Oft nehmen auch die Fotos auf dieses Lokalkolorit Bezug. Hier würde man sich etwas mehr Bilder aus dem Steig wünschen wie z. B. beim Pinut.
Bei jedem Steig gibt es ein hellblaues Feld, in welchem stichpunktartig die Gehzeiten, die beste Jahreszeit, die Einkehrmöglichkeiten und weitere Dinge aufgeführt sind. Sehr zu loben ist die konsequente Anfahrtsbeschreibung nicht nur für das Auto sondern auch für die Anreise mit dem öffentlichen Verkehr – so wird eine Stärke der Schweiz in den Vordergrund gerückt.
Die Karten sind leider die Schwachstelle des Buches. Zu nennen ist vor allem die Übersichtskarte im vorderen Umschlag. Dort ist die Nummerierung gegenüber derjenigen im Textteil um eins verrutscht. Der Glarner Indianersteig (Nr. 37) wird demnach auf der Karte im Engadin angezeigt. Ein ärgerlicher Fehler, der umso mehr schmerzt, weil man den Texten von Jörg Bonn in jeder Zeile anmerkt, wie viel Herzblut darin steckt. Die Karten bei den Steigen sind informativ und tauglich. Leider fehlen Höhenlinien, was die Lesbarkeit erschwert.
Trotz dieser Schwachstelle können wir für den Klettersteig-Führer „Leichte Klettersteige Schweiz“ von Jörg Bonn eine klare Kaufempfehlung aussprechen. Das Buch macht sich gut in jeder Bergsteiger-Bibliothek, denn es enthält viele Steige, die hier erstmals in Buchform beschrieben sind. Wer in die Welt der Schweizer Klettersteige einsteigen will, findet mit den 46 beschriebenen Touren mehr als genug zu tun. Irgendwie drängt sich fast ein Nachfolgeband auf: „Schwere Klettersteige Schweiz“. Wir sind gespannt, ob Jörg Bonn diesbezüglich tätig wird.
Rezension: Stephan Beeler