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THEMA: Neu: Klettersteig Fruttstägä

Neu: Klettersteig Fruttstägä 25 Jun 2014 22:48 #1

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Die Luftseilbahn Biel-Kinzig ist nicht eine der modernsten Bahnen der Schweiz und etwas sonderbar mutet es schon an, wenn die Seilbahn mittendrin an einem Masten hält, damit ein Junge aussteigen kann. Während unter uns die Bauern das Heu mit Laubbläsern von den Hängen pusten und wir langsam in die Höhe schweben, wird immer deutlicher: Hier läuft vieles anders als im Tal.

An der Bergstation zeigt sich aber schnell: Die Bahn ist wohl nicht die modernste, aber sonst sind die Leute hier auf der Höhe der Zeit. Eine Vielzahl von Wanderwegen ist mit großen Wanderwegbäumen angeschrieben, am Kinderspielplatz wird fleißig gearbeitet und das Suworow-Bänkli zeugt davon, dass die Geschichte noch immer ein wichtiger Teil der Urner Seele ist. Und nun ist auch das Klettersteig-Fieber im Schächental angekommen.

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Vorbildlich ausgeschildert: Immer den blauen Wegweisern folgen

Nach einer Stunde Aufstieg treffen wir Hansueli Arnold am neuen Klettersteig Fruttstägä. Wir fachsimpeln über die Urner Klettersteige, auch über den Hexensteig bei Silenen, der lange im Verborgenen blieb, weil dafür keine Baubewilligung vorlag. Für die Fruttstäge sei die Bewilligung erstaunlich leicht erhältlich gewesen, meint Hansueli Arnold. Die Gemeinde sei Feuer und Flamme gewesen, der Kanton hätte sich nicht gesträubt, da der Klettersteig so nahe an einem bestehenden Bergweg verläuft. Etwas weiter westlich wäre es wegen dem Wildschutz wohl nicht so einfach geworden. Es habe nur eine Schrecksekunde gegeben, als man rausfand, dass der Klettersteig auf dem Gebiet der Nachbargemeinde liegt. Aber zum Glück kommen die Gemeinden untereinander gut aus.

Wir dürfen ausnahmsweise eine Vorabbegehung des Klettersteiges machen. Er ist zwar fertig gebaut, aber von den Steigerbauern Toni und Mario Fullin noch nicht abgenommen und heute soll noch das Bänkli in der oberen Felswand montiert werden. Schon der Einstieg ist recht fordernd und es wird trotz der vielen Bügel nicht allzu einfach. Der erste Aufschwung endet in einem Überhang, der technischen Schlüsselstelle des Klettersteiges. Hansueli Arnold meint, dass er den Klettersteig etwa bei KS 4 gemäß der SAC-Skala einstufen würde. Wir bestätigen ihm dies: Für die Schlüsselstelle ist die Einstufung sicher passend.

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Fotogene Stelle: der Grat vor der Abschlusswand

Wer nun will, kann nach rechts den Notausstieg wählen. Für die anderen geht es über grasiges Gelände mit kleinen Felsstufen weiter auf einen Grat. Dieser entpuppt sich als eine sehr fotogene Stelle. Im Hintergrund grüßen die Schächentaler Windgällen und der Pfaffen, gegenüber sind Schärhorn sowie Gross und Chli Ruchen sichtbar. Hansueli Arnold ist vorausgestiegen, weil er noch das Bänkli fertig montieren will. Wenn wir noch ein paar Minuten warten würden, könnten wir als erste das fertige Bänkli testen. Also setzen wir uns auf dem Grat hin und schauen Hansueli beim Arbeiten zu.

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Hansueli Arnold baut noch das Bänkli fertig

Das Kernstück des Klettersteigs ist eine senkrechte Felswand, die mit einer 2-Seil-Brücke erreicht wird. Dann quert man auf einem Sims nach links und steigt auf Bügeln zum Bänkli hoch, das sehr exponiert mitten in der Felswand hängt. Nach einiger Zeit dürfen wir zu Hansueli hochklettern. Der Klettersteig ist nun vor allem mental sehr fordernd und erinnert in seiner Anlage an die ausgesetzten Klettersteige Frankreichs und der französischen Schweiz. Das Bänkli erreicht man, indem man nach rechts rausquert. Eine Sache, die ordentlich Mut braucht, denn auf dem Bänkli baumeln die Füße völlig frei in der Luft.

Ja, die Bauphase sei ein Abenteuer gewesen, meint Hansueli Arnold. Ende April hätte der Bau losgehen sollen und sie hätten sich extra dafür Urlaub genommen. Aber dann sei das Wetter schlecht geworden. Die Hubschrauber, welche das ganze Material hätten zum Felsen transportieren sollen, konnten nicht fliegen. Das hatte zur Folge, dass das Material nach und nach auf den Schultern hochgetragen wurde, bis man sich schließlich den Hubschrauber ganz sparen konnte. Hier zeigt sich wieder einmal: Wenn sich ein Urner etwas vorgenommen hat, dann lässt er sich auch durch Kleinigkeiten wie schlechtes Wetter nicht davon abbringen. Der Klettersteig wurde danach weitgehend an Wochenenden gebaut und eingerichtet.

Wir verlassen das Bänkli wieder und steigen die Felswand weiter hoch. Oben verläuft der Steig in einer Verschneidung mit vielen natürlichen Tritten und Griffen, was beim Bau aber noch ziemliche Diskussionen ausgelöst hatte. Der Steigerbauer Mario Fullin wollte eigentliche keinerlei Steighilfen einbauen, doch schließlich wurden doch noch einige moderate Trittstifte gesetzt. Die Stelle wäre wohl die technische Schlüsselstelle des Klettersteigs geworden.

Am Ende der Felswand steigen wir auf einen grasigen Kopf aus. Hier teilt sich der Steig. Nach rechts geht es zur ca. 10 m langen 3-Seil-Brücke, nach links kann sehr leicht ausgestiegen werden, wenn man sich die Seilbrücke nicht zutraut. Nach dem Nervenkitzel auf dem Bänkli dürften es aber nur wenige sein, die das nicht mehr packen. Der Notausstieg dürfte wohl eher dazu benutzt werden, am Ende des Klettersteigs die Seilbrücke mehrmals zu machen.

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Grandioser Abschluss auf der 3-Seil-Brücke

Wir können Hansueli Arnold bestätigen, dass Toni und Mario Fullin zusammen mit der IG Biel bewegt einen sehr schönen Klettersteig gebaut haben, der sich perfekt in das bereits vorhandene Angebot der Urner Klettersteige einordnet. Der Steig erfordert Mut und Kraft, glänzt aber durch originelle Elemente wie die Seilbrücken und das Bänkli. Dass der Steig etwas kurz geraten ist, stört gar nicht, denn durch den nahe gelegenen Abstieg besteht die Möglichkeit, den Steig mehrmals zu absolvieren. Und dann könnte man ja auch noch den Chaiserstock, den Rossstock oder den Fulen anhängen, um aus dem Klettersteigerlebnis einen grandiosen Bergtag zu machen.

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Ein schöner Gipfel zum Anhängen: der Rossstock

Wir sind sicher, dass der Klettersteig Fruttstäge ein großer Erfolg wird und danken Ernst Gisler von der IG Biel Bewegt und besonders Hansueli Arnold für die vielen Hintergrundinformationen zum Klettersteigbau. Der Klettersteig wurde am Sonntag, 22. Juni 2014 offiziell eröffnet.

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Neu: Klettersteig Fruttstägä 08 Sep 2014 10:56 #2

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Eines muss ich gleich vorne weg erwähnen: hier ist's wirklich richtig schön und die Uhren ticken anders. Voll im positiven Sinne gemeint. Das geht schon mit der Fahrt mit der (nostalgischen) Luftseilbahn los. Und touristisch ist hier definitiv nichts überlaufen, was hoffentlich noch lange so bleibt. Genau das macht's nämlich aus.

Der Steig selbst von der Bergstation aus und wieder zurück ist eine schöne Halbtagestour. Zustieg ist realitisch in einer Stunde von der Bergstation zu bewältigen.

Eine Schwierigkeitsbewertung mit C/D für die Schlüsselstelle im unteren Teil halte ich auch für OK. Ist man dann am ersten Notausstieg vorbei, sind alle weiteren "kniffligeren" Stellen deutlich durch Tritthilfen entschärft. Etwas luftig unter den Füßen, ohne dabei klettertechnisch wirklich schwer zu werden, wird es auf dem Stückchen zum "Bänkli" und kurz noch darüber hinaus.

Kleines Schmankerl dann zum Schluss die 3-Seil-Brücke. Der Abstieg selbst erfolgt auf einem kleinen Steiglein (blau-weiße markiert) zurück zum EInstieg. Dieses Stück könnte bei Nässe durchaus rutschig, weil erdig, werden.

Alles in Allem aus meiner Sicht eine gelungene Sache, die leider etwas kurz ist. Den Steig kriegt man, denke ich, ohne zu Hetzen und zu Dränglen locker in einer Stunde durch.

Schwierigkeits- und Zeiteinschätzungen sind meine persönliche Ansicht und können natürlich je nach Erfahrung, Witterung, Fitness usw. durchaus anders gesehen werden ;-)

Torsten
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Neu: Klettersteig Fruttstägä 03 Nov 2014 20:46 #3

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Haben Post von der IG Biel bekommen:
"Klettersteig ist bereits im Winterschlaf
Unser neuer Klettersteig hat seine erste Saison sehr gut überstanden. Das Echo war durchwegs positiv. Kurz aber sehr beeindruckend hat er schon für manches Gipfelerlebnis gesorgt. Nun gönnen wir ihm seine wohlverdiente Winterpause und freuen uns auf die Klettersaison 2015. An dieser Stelle möchten wir uns bei allen Gipelstürmern nochmals ganz herzlich bedanken."
"Ich wurde oft falsch verstanden. Häufig unternahm ich Dinge, die für andere eine Provokation waren."
Walter Bonatti (1930-2011)
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