Ein 10 Meter breites Schneefeld! Mitten in der Wand! Die Klettersteigsicherung lag tief unter dem Schnee und ließ sich nicht ausgraben. Man hätte um das Schneefeld herumkraxeln können, wäre aber ungesichert im 2. Grad unterwegs gewesen mit einem tiefen Abgrund hinter sich. Und was wäre die Folge gewesen, wenn man auf dem Schneefeld ausgerutscht wäre? Ein ungebremster Sturz hinunter auf das Schneefeld beim Einstieg.
Wir entschieden uns für die Überquerung des Schneefeldes. Mit größter Sorgfalt hackte ich Tritte in den Schnee und war bis zum Zerreißen gespannt. Ein Schritt nach dem anderen. Erst weitergehen, wenn ich mit dem vorhergehenden Tritt absolut sicher war. So kamen wir recht gut über das Schneefeld. Mit einer Geschwindigkeit von 1 m in der Minute...
Endlich erreichten wir die sonnige Kante und hielten sie irrtümlich für den Gipfel der Mala Mojstrovka. Wir hätten erwartet, dass die Markierungen abwärts über die Geröllflanke führen, doch sie führten zu einer felsigen Nordflanke, die wir erst noch im 1.-2. Grad hochklettern mussten. Endlich standen wir auf der Mala Mojstrovka und genoßen die Aussicht, die wegen den Wolken leider etwas eingeschränkt war.
Im Westen und Südwesten bestaunten wir die Ponza-Kette, den Mangart und den Jalovec. Noch eindrücklicher war es beim Blick nach Osten: Sehr prominent stand der Prisonjk vor uns. Wir genoßen einen klaren Einblick in die Nordwand, in welchem zwei Klettersteig-Klassiker verlaufen: Der Hanza-Steig und der Fensterweg. Weiter hinten waren Skrlatica, Razor, und Triglav leider nur zu erahnen. Wie um uns auf der kühlen Mojstrovka zu verhöhnen, wurde der Bavski Grintavec im Süden von einem Spotlight in freundliches Licht getaucht.
Wir stiegen über die Südostflanke der Mala Mojstrovka ab. Eine sehr schottrige, geröllige und rutschige Angelegenheit. Oft lag auf einer abschüssigen Felsplatte nur eine dünne Schotterschicht. Wir brauchten eine gute Portion Trittsicherheit, damit wir uns hier nicht den Hintern aufschmirgelten. Über eine kleine Scharte wechselten wir in die Ostflanke und hatten direkten Blick auf den Vrsic-Pass und... die legendäre Geröllabfahrt.
Statt auf dem Wanderweg mühsam zum Pass zu wandern, kann man hier knieschonend und direkt in der Falllinie zum Pass abfahren. Man sollte nur eines beachten, worauf man aber vor Ort nicht hingewiesen wird: Nur eine Spur führt zum Pass. Die anderen enden als Sackgasse mitten in dichten Latschenkiefern. Die Österreichische Familie war schon vor uns in der rechten Spur in die Latschen reingerutscht und versuchte, uns noch zu warnen.
Doch es war schon fast zu spät. Als ich die Österreicher bemerkte, schaffte ich es noch mit viel Mühe hinüber auf die linke schmale Spur. Doch meine Begleiterin war schon zu weit. Sie vollendete die rechte Spur bis zu den Latschen und kämpfte sich danach unter Gezeter durch die dichten, hangelnden Sträucher. Aber nach kurzer Zeit hatte sie auch dies geschafft und wir lagen uns in den Armen, glücklich eine solch schöne Bergtour geschafft zu haben.
Das Topo zum Klettersteig:
Und hier der Link zum Datensatz.